Erinnerung an Dr. Thomas E. Brown – ein Pionier im Verständnis von ADHS

Die ADHS-Community hat eine prägende Persönlichkeit verloren: Am 18. August verstarb Dr. Thomas E. Brown im Alter von 83 Jahren. Für viele von uns war er weit mehr als nur ein Wissenschaftler – er war ein einfühlsamer Begleiter, der unser Verständnis von ADHS grundlegend verändert hat.

ADHS ist mehr als „Unruhe und Unaufmerksamkeit“

Dr. Brown hat wie kaum ein anderer verdeutlicht, dass ADHS nicht einfach ein „Verhaltensproblem“ ist, sondern eine Störung der sogenannten exekutiven Funktionen – also jener Fähigkeiten, die uns helfen, unser Denken, Handeln und Fühlen zu steuern. Mit den von ihm entwickelten Brown Executive Function/Attention Scales hat er ein Werkzeug geschaffen, das bis heute in der Diagnostik weltweit genutzt wird.

Er machte klar: Viele Menschen mit ADHS hatten nie große Verhaltensprobleme, sondern litten an Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit auf wichtige Aufgaben zu richten, Prioritäten zu setzen oder mit dem Arbeitsgedächtnis effektiv zu arbeiten. Viele wurden erst im Erwachsenenalter erkannt – oft nach Jahren voller Selbstzweifel und Belastungen.

Einsatz für Betroffene – auf Augenhöhe

Brown war über Jahrzehnte als Kliniker und Forscher tätig – unter anderem an der Yale Medical School und zuletzt in seiner eigenen Klinik in Kalifornien. Doch was ihn besonders auszeichnete, war seine Haltung: Er nahm die Sorgen und Erfahrungen von Betroffenen ernst. In Vorträgen, Büchern und Webinaren setzte er sich dafür ein, dass ADHS-Betroffene besser verstanden und unterstützt werden.

Er thematisierte nicht nur die Kernsymptomatik, sondern auch Begleiterkrankungen wie Angststörungen, Schlafprobleme oder Depressionen – Themen, die viele von uns nur allzu gut kennen.

Mut, neue Wege zu gehen

Dr. Brown war ein Vordenker. Als andere noch behaupteten, hochbegabte Menschen könnten kein ADHS haben, eröffnete er eine Spezialklinik für Studierende an der Yale University, die trotz überdurchschnittlicher Intelligenz mit ADHS kämpften. Damit setzte er ein klares Zeichen: ADHS kann jeden betreffen – unabhängig von Begabung oder Leistungsfähigkeit.

Ein bleibendes Vermächtnis

Mit über 30 Fachartikeln und sieben Büchern hat Dr. Brown unser Wissen erweitert und vielen von uns Mut gemacht. Werke wie Smart but Stuck oder Outside the Box sind bis heute wichtige Begleiter für Erwachsene mit ADHS.

Seine Forschung zu Hormonschwankungen in den Wechseljahren und deren Einfluss auf ADHS-Symptome zeigte zudem, dass er immer ein offenes Ohr für die Fragen hatte, die Betroffene wirklich bewegen.

Was wir von ihm lernen können

Für uns als Erwachsene mit ADHS bleibt sein Vermächtnis ein Ansporn: Wir sind nicht „faul“ oder „unfähig“ – wir haben ein Gehirn, das anders organisiert ist. Mit dem richtigen Verständnis, guter Diagnostik und passender Unterstützung können wir unsere Stärken nutzen und einen Weg finden, der zu uns passt.

Dr. Brown hat vielen Menschen mit ADHS Hoffnung gegeben – und auch wenn er nicht mehr unter uns ist, wird sein Werk uns weiter begleiten.